Policy Paper Lebenslange Weiterbildung
Unsere dynamische Gesellschaft und Wirtschaft verlangen lebenslanges Lernen. Wissen und Techniken der Grundausbildung veralten schnell. Deshalb ist Weiterbildung mindestens so wichtig geworden wie die erste Berufsausbildung. Das Denken und die Rechtsordnung der Schweiz sind jedoch veraltet: Sie orientieren sich an der Vorstellung der 1950er-Jahre eines Lebens mit den drei Phasen Ausbildung – Berufstätigkeit – Ruhestand. Heute ist der Lebenslauf variabler: Nach der Grundausbildung beginnt die Erwerbsarbeit, öfters in Teilzeit, und begleitet von lebenslanger Weiterbildung. Stellenwechsel sind häufig und viele Menschen ändern ihren Beruf im Laufe des Lebens. In disruptiven Zeiten sind Um- und Neuqualifizierungen häufiger nötig und im längeren Leben auch erwünscht.
Das Alter, in dem man die Erwerbstätigkeit reduziert und beendet, ist heute sehr unterschiedlich. Immer mehr ältere Menschen wollen über das Pensionierungsalter hinaus arbeiten. Dank Weiterbildungen werden auch die Bereitschaft und die Möglichkeit von Beschäftigung nach der ordentlichen Pensionierung gefördert, eine Notwendigkeit aufgrund der sinkenden Renten und den fehlenden Fachkräften.
Wer ist verantwortlich für lebenslanges Lernen? Aus liberaler Sicht ist die Antwort klar: Alle Menschen verantworten ihre Weiterbildung selbst. Für einige Gruppen von Erwerbstätigen funktioniert das auch gut. Hochqualifizierte Professionals besuchen regelmässig Weiterbildungskurse und bilden sich auch im Selbststudium weiter, um beim wissenschaftlich-technischen Fortschritt am Ball zu bleiben. Weniger privilegierte Arbeitskräfte werden aber weder von den Arbeitgeber:innen bei der Weiterbildung unterstützt, noch gehören sie zu einer hochqualifizierten Berufsgruppe, für die lebenslanges Lernen eine Selbstverständlichkeit ist.
Die Grünliberalen wollen die lebenslange Weiterbildung aller Menschen verbessern und haben dazu im Rahmen eines GLP-Lab-Projektes ein «Policy Paper lebenslange Weiterbildung» mit verschiedenen Massnahmen erarbeitet. Eine zentrale Empfehlung ist der Aufbau eines Bildungspunktesystems, welches es erlaubt, Aus- und Weiterbildung individuell mit diesen Punkten zu finanzieren. Während heute in der Schweiz universitäre Ausbildungen bis zu 90% vom Staat bezahlt werden, liegt diese Schwelle bei nur 50% für eidgenössische Fachausweise/Diplome sowie Diplome der Höheren Fachschulen (HF). Diese tertiären Ausbildungen sollen in Zukunft alle gleichgestellt durch Bildungspunkte finanziert werden können.
Die senior GLP setzt sich besonders ein für die Arbeitsmarktfähigkeit bis ins höhere Alter. Die für eine nachhaltige Finanzierung der Altersvorsorge nötige Erhöhung des Renteneintrittsalters kann nur dann realisiert werden, wenn ältere Menschen aktuelle Kompetenzen haben und damit arbeitsmarktfähig bleiben. Heute haben über 50-jährige arbeitslose Personen grosse Mühe, eine neue Stelle zu finden. Wer sich nicht lebenslang weiterbildet, verliert die auf dem Arbeitsmarkt verlangten Kompetenzen. Übergangsrenten für über 58-jährige Arbeitslose und Frühpensionierungen sind keine Lösung des Problems. Wir empfehlen Berufsberatung, Coaching und gezielte Weiterbildung für Menschen in der zweiten Lebenshälfte.
Peter C. Meyer