AHV21 und BVG21 erste Schritte in die richtige Richtung?

Seit Jahren wird immer wieder mut- und ergebnislos über eine Reform unseres Rentensystems diskutiert, während das Vorsorgekapital der jüngeren Generation zur Finanzierung der laufenden Renten geplündert wird. Jahr für Jahr werden so mehr als sechs Milliarden Franken der BVG-Vorsorgegelder (2. Säule) systemwidrig von den noch aktiv erwerbstätigen Beitragszahlenden zu den Rentnerinnen und Rentnern umverteilt [1]

 

Die Stärke der kapitalgedeckten BVG-Rente ist ihre Unabhängigkeit von der demographischen Entwicklung, da die Versicherten jeweils ihr eigenes Alterskapital ansparen. Da sowohl der technischer Zinssatz (die Verzinsung des Kapitals) als auch der Umwandlungssatz, der die Höhe der individuellen Altersrente bestimmt, politisch bestimmt wird kommt es auch hier zu massiven Problemen. In der heutigen Zinslandschaft ist der gegenwärtige Umwandlungssatz (6.8% für den obligatorischen Rentenanteil) viel zu hoch, ebenso wie der in der BVG 21 Reform geplante Umwandlungssatz von 6.0%. Dieser müsste heute eher bei etwa 5.0% liegen. Das hat wohl auch weiterhin zur Folge, dass ein signifikanter Anteil des Altersvorsorgekapitals der noch aktiven Erwerbstätigen zu den Rentenbeziehenden hin umverteilt wird, um die laufenden Renten finanzieren zu können. Allein im Jahr 2019 gab es eine Umverteilung von CHF 7.2 Milliarden. Das entspricht 14.7% der gesamten Pensionskassenbeiträge der aktiven Versicherten von CHF 48.9 Milliarden in diesem Jahr, die nicht zur Aufstockung des eigenen Alterskapitals  verwendet wird, sondern zur systemwidrigen Finanzierung der laufenden Renten..

 

Bei der AHV-Rente (1. Säule), die ja auf dem Umlageverfahren beruht, zeichnen sich auf Grund der demographischen Entwicklung ebenfalls zunehmend Finanzierungsprobleme ab. Gegenwärtig kommen bereits nur noch drei Erwerbstätige für eine Rentnerin/einen Rentner  durch ihre AHV-Beiträge auf. 1948 betrug das Verhältnis noch 9:1, etwa um 2050 wird es sich auf nur noch 2:1 belaufen. Bei gleichbleibender relativer Rentenhöhe und Beibehaltung des gegenwärtigen Renteneintrittsalters müssten die Beiträge deswegen bis dahin um 50% erhöht werden, falls für die dann fehlenden etwa CHF 15 Milliarden (nach heutigen Zahlen) keine alternativen Finanzierungsquellen aufgetan werden können.

 

Unser Drei-Säulen System zur Altersvorsorge ist bewährt und soll es auch weiterhin bleiben. Eine nachhaltige Reform der Altersvorsorge beinhaltet jedoch eine Anhebung und Flexibilisierung des Renteneintrittsalters sowie eine künftig auf den jeweils aktuellen Verhältnissenen des Finanzmarkts beruhende Bestimmung von technischem Zinssatz/Umwandlungssatz der BVG-Rente. Die heiss diskutierten geplanten Rentenreformen AHV 21 und BVG 21 sind zwar mit der Erhöhung des Renteneintrittsalters der Männer auf 66 Jahre und dasjenige der Frauen auf 65 Jahre sowie einer Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8% auf 6.0% ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch bei weitem nicht ausreichend für einen nachhaltige Reform. Vor allem wird die unfaire und systemwidrige Umverteilung von Jung zu Alt damit nur verringert aber nicht beendet.

Walter Steurer – Nov. 2021

[1] Siehe auch https://generationeninitiative.ch/